Dokumentarfilmforschung

Seit 1999 hat das Haus des Dokumentarfilms gemeinsam mit Filmhistoriker:innen die Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland intensiv erforscht und umfassend nachgezeichnet – ein weltweit einzigartiges Projekt. Die Finanzierung der dreibändigem Buchveröffentlichung im Reclam Verlag war das Ergebnis eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von 1999 bis 2003 unterstützten Vorhabens. Sein Ziel: die systematische Darstellung der dokumentarischen Filmproduktion zwischen 1895 und 2005. Damit wird eine Lücke geschlossen, denn bisher fehlte ein solcher Gesamtüberblick. 

Ansatz der New Film History

Auf Grundlage ausgedehnter Archivrecherchen wurde mit dem Ansatz der New Film History eine umfassende Geschichte der sich wandelnden Praktiken in Produktion, Distribution und Rezeption geschrieben. Neben den ökonomischen Bedingungen hat die Technik einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung von Dokumentarfilmen. Die Gattung überzeugt durch ihre ästhetische, dramaturgische und thematische Vielfalt, die in zahlreiche Subgenres zum Ausdruck kommt. Das Selbstverständnis der Dokumentarfilmer:innen hat sich ebenso wie die Definition des Dokumentarfilms im 20. Jahrhundert ständig verändert.

Forschungslücke geschlossen

Das erste Forschungsprojekt für die Phase 1895 bis 1945 ist abgeschlossen und online verfügbar. Die Leitung hatten PD Dr. Peter Zimmermann (ehemals Haus des Dokumentarfilms), Prof. Dr. Martin Loiperdinger (Universität Trier) und Prof. Dr. Klaus Kreimeier (Universität Siegen). Die dreibändige Publikation, die 2005 im Reclam Verlag erschien, fand auch international große Anerkennung und wurde auf dem Hamburger Cinefest mit dem Willy-Haas-Preis als „bedeutende Publikation zum deutschen Filmerbe“ ausgezeichnet.

Es schloss sich 2012 ein ebenfalls von der DFG mit über zwei Millionen Euro gefördertes Langzeitvorhaben zur Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945 bis 2005 an, das 2018 ausgelaufen ist. Prof. Dr. Ursula von Keitz (Filmuniversität Babelsberg), Prof. Dr. Thomas Weber (Universität Hamburg) und Dr. Kay Hoffmann (Haus des Dokumentarfilms) als Gesamtkoordinator hatten hier die Leitung inne.

Zentrale Informationsquelle zu Dokfilmen

Bereits im Herbst 2018 wurde eine Online-Datenbank mit Informationen zu über 11.000 Filmen veröffentlicht, die nach 1945 produziert wurden. Diese würdigt die Arbeit vieler Gewerke, da die gesamten Stablisten recherchierbar sind. Die Sichtbarkeit des Dokumentarfilmschaffens in Deutschland wird dadurch deutlich erhöht – ein wichtiger Beitrag, um Bewusstsein für das kulturelle Erbe zu schaffenDie Datenbank ist seit ihrem Launch als Recherche-Tool auf immenses Interesse gestoßen und verzeichnet inzwischen über 1,8 Millionen Detailsuchen. 

Es liegt nahe, dass auch die vorhandenen Ergebnisse des zweiten Projekts sukzessive auf einer Open Access Plattform online gestellt werden, um sie einer möglichst großen Leserschaft zugänglich zu machen. Über eine Anschubfinanzierung des Kulturwerks der VG Bildkunst konnte die Plattform entwickelt werden. Erste Texte sind bereits online, darunter eine umfassende Chronologie zum dokumentarischen Film nach 1945 von Jeanpaul Goergen

Diese Plattformen sind eine zentrale Quelle mit Informationen zur Geschichte und Entwicklung des dokumentarischen Films in Deutschland. Für das Haus des Dokumentarfilms sind sie Teil wichtiger Aktivitäten, die eine Brücke von der Theorie zur Praxis schlagen.